Als Werner Remmers 1962 die Leitung des Ludwig-Windthorst-Hauses übernahm, stand da in dem kleinen Ort Holthausen bei Lingen nur ein Rohbau, und der auch noch unter Wasser. Einen Namen für die Einrichtung gab es ebensowenig. So musste Remmers zunächst den Bau trockenlegen, ehe das Haus dann am 25. August 1963 durch den damaligen Osnabrücker Bischof Helmut Hermann Wittler eingeweiht werden und seine Arbeit aufnehmen konnte.
Dass es überhaupt so weit kam, war der Ölraffinerie am Ort zu verdanken, die Holthausen zu großem Reichtum gebracht hatte. Der damalige Bürgermeister Gerhard Kues entschied dann, dem Bistum Osnabrück ein zwei Hektar großes Grundstück und eine Million Mark für den Bau eines Bildungshauses zu schenken.
Der Name für dieses Haus war dann auch schnell gefunden. Mit Ludwig Windthorst hatte man einen katholischen Politiker als „Paten“ ausgesucht, der von 1871 – 1891 das Emsland im Deutschen Reichstag in der Fraktion der Zentrumspartei vertrat. „Dieser kluge Kopf im Zentrum“ hat nie aus seiner persönlichen Überzeugung ein Hehl gemacht und war nicht zuletzt dank seiner Intelligenz und Schlagfertigkeit einer der wirklich ernst zu nehmenden Gegner Bismarcks im Deutschen Reichstag. Was aber hat das – außer dem lokalen Bezug – mit einem Bildungshaus im Emsland zu tun?
Von Beginn an verstand sich das Ludwig-Windthorst-Haus als Plattform für die Diskussion aktueller gesellschaftspolitischer und kirchlicher Themen. Ob kommunale Gebietsreform oder Atomkraftwerk, ob Zweites Vatikanum oder Würzburger Synode, ob Papst oder Biogas – diese Themen konnte und kann man mit Expert*innen wie mit Berühmtheiten im LWH durchsprechen. Bei allen Themen sollte und soll jede Seite zu ihrem Recht kommen – wie Windthorst einst das gleiche Recht für alle gefordert hat. Jede*r Bürger*in soll seine Meinung zum Ausdruck bringen und reflektieren können. In diesem Sinne stellt die politische Bildung ein Kernthema des Hauses dar.
Dafür ist das LWH schnell ein wichtiger und gefragter Ort geworden – Anfang der Siebziger Jahre zeigte sich, dass das Haus aus allen Nähten platzte. Es entstand ein für die damalige Zeit außergewöhnlich moderner Erweiterungsbau mit Aula und Kapelle und verbindendem Foyer. Grundform war das Sechseck, welches jede Seite zu ihrem Recht kommen lassen sollte – der Raum des mündigen Bürgers wie des mündigen Christen. Der Entwurf stammte von dem Hamburger Architekten Walter Bunsmann, die künstlerische Ausgestaltung übernahm Ferdinand Hees aus Papenburg.
Das LWH ist nicht nur Katholisch-Soziale Akademie des Bistums Osnabrück, sondern auch eine der großen Heimvolkshochschulen des Landes Niedersachsen, also ein Zentrum für Fort- und Weiterbildung von Erwachsenen im Nordwesten der Republik. Standen in der ersten Phase zum Beispiel lange Ehevorbereitungskurse und vor allem Ausbildungsgänge im Bereich der Krankenpflege im Vordergrund, so sind es heute Lehrkräftefortbildung und Fortbildung von Erzieher*innen, die stärker im Vordergrund der Arbeit stehen.
Zu einer Heimvolkshochschule gehört nicht nur die trockene Vermittlung von Lerninhalten, sondern es geht auch darum, ein wenig Abstand vom Alltag zu gewinnen und Erfahrungen mit anderen Menschen auszutauschen. Damit das besser gelingt, kommt es auch auf die „Lernumgebung“ an: Im Garten stehen Heuerhäuser, die Liebhaber vor dem endgültigen Untergang gerettet und liebevoll wieder aufgebaut haben: 1969 wurde das rietgedeckte Heuerhaus errichtet, das bis heute als gemütlicher Abendraum genutzt wird, vor allem auch wegen seines offenen Kaminfeuers. In den achtziger Jahren entstanden die Scheune und das „Neue Heuerhaus“, das heute als großer Speisesaal dient.
Werner Remmers wurde 1976 Kultusminister. Auf ihn folgte Walter Klöppel, der ihn schon lange Jahre als Stellvertreter unterstützt hatte. Es folgten als Akademieleiter Reinhold Jackels (1991-2008), Barbara Korte-Terfehr (2008-2010), Michael Reitemeyer (2010-2020), Hubert Wissing (2020-2021) und für eine anschließende fünfmonatige Interimsphase Heiner Pott. Seit Juli 2021 ist Marcel Speker Direktor des LWH.
Von 2009 bis 2013 konnte das LWH mit Mitteln des Bundes, des Landes Niedersachsen, des Landkreises Emsland, der Stadt Lingen und des Bistums Osnabrück gründlich renoviert werden. Mit seinen 75 Mitarbeitenden, 88 Zimmern, 137 Betten und 16 Seminarräumen kann es nun gut 20.000 Gäste im Jahr aufnehmen.