Kritische Digitalkompetenz ist in privaten und beruflichen Kontexten nötig

– und das LWH ist mittendrin!

Die Digitalisierung hält in immer mehr Lebensbereiche Einzug. Diese Entwicklung spiegelt sich auch im LWH als Ort der beruflichen und persönlichen Bildung wider. Allein im Veranstaltungsarchiv unserer Homepage, das bis Anfang 2021 zurückreicht, finden sich fast 90 Veranstaltungen, die entweder die digitale Transformation behandeln oder in digitalen Formaten wie Webinaren, Online-Fachtagen oder Hybrid-Seminaren abgehalten wurden. Als einer der Studienleiter*innen, die Veranstaltungen zu den Themen Digitalisierung und Medienpädagogik anbieten und dort selbst Referent*in sind, habe ich in den vergangen vier Wochen einen tiefen Einblick in die Vielfältigkeit der Bedarfe, aber auch: der Herausforderungen bekommen, die die digitale Transformation für unsere Zielgruppen bedeutet. Ich lade Sie ein, einige Veranstaltungen Revue passieren zu lassen:

Ende September durfte ich 17 Mitglieder von Mitarbeiter*innenvertretungen zum Thema "Teams und Tools" schulen. Begeistert hat mich die große Aufgeschlossenheit der Teilnehmer*innen für digitale Methoden zur Koordination, Kommunikation und Zusammenarbeit. Wobei Aufgeschlossenheit nicht bedeutet, alles Digitale ungeprüft anzunehmen. Als Referent bemühe ich mich immer, die Vorteile und Herausforderungen digitaler Angebote zu erarbeiten, ohne den Blick auf die Anwendbarkeit und den Mehrwert für die Zielgruppe zu verlieren. Ich bin überzeugt, dass Digitalisierung die Arbeit und das Leben bereichern kann. Aber sie ist nicht für alle Probleme die Lösung! Dass „Analog“ vor allem auf der zwischenmenschlichen Ebene unersetzlich ist, war sehr schnell auch im MAV-Seminar Konsens.
In der ersten Oktoberwoche habe ich mich mit pastoralen Mitarbeiter*innen des Bistums zum digitalen Transformationsprozess in der Kirche ausgetauscht. Eines der Ergebnisse: Die _auch_ digitale Lebenswelt der Gläubigen muss dringend Einzug in die Verkündigung, Seelsorge und Katechese Einzug halten - doch hier ist "in Kirche" noch einiges zu tun! Im LWH-Podcast "Das glaub' ich gern" habe ich dieser These eine Folge gewidmet (Link).

Doch die Kirche ist nicht der einzige „schwere Tanker“, der sich mit aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen schwer tut: In zwei Veranstaltungen mit Lehrkräften und Schulsozialarbeiter*innen stand die Frage im Raum, wie der jungen Generation die Chancen und Risiken der digitalen Welt vermittelt werden kann – was die meisten Teilnehmer*innen als ihre Aufgabe, zumindest aber als schulische Aufgabe verstehen. Doch Einzelne schaffen das nicht, das wurde in beiden Veranstaltungen schnell klar: Um Schüler*innen in Sachen Digitalisierung nicht im Regen stehen zu lassne, sind rasche gesetzliche Anpassungen und vor allem die Bereitstellung zeitlicher und finanzieller Ressourcen nötig.

Ein Onlineseminar mit Erzieher*innen aus dem Landkreis Hildesheim hat sich der "digitalen Portfolioarbeit" gewidmet. Ich durfte den Teilnehmerinnen digitale oder hybride Methoden zur Entwicklungsbeobachtung und -dokumentation vorstellen und habe mich gefreut, in wie vielen Kitas ein pädagogischer (d.h. reflektierter, zielgenauer und begrenzter) Einsatz digitaler Medien bereits Realität oder zumindest ein vereinbartes Ziel ist.

Zuguterletzt erinnere ich mich gern an die fünf Schulklassen, in denen ich in den vergangenen zwei Wochen mein Seminar „Smartphones im Griff“ durchführen durfte. Ich bin immer wieder fasziniert, wie offen Jugendliche für sperrige, aber wichtige Themen wie Datenschutz und Algorithmen in sozialen Netzwerken sind. Voraussetzung ist meiner festen Überzeugung nach, dass die Schüler*innen sich in ihrer Lebenswelt abgeholt fühlen – dass also der moralische Zeigefinger unten bleibt und der Handykonsum der jungen Generation nicht nur als „Rumgedaddel“ bezeichnet wird, sondern auch als Teilhabe an zwischenmenschlichen und sozialen Prozessen.

Auf Augenhöhe mit unseren Zielgruppen wichtige Themen der Gegenwart zu diskutieren und für deren Arbeits- und Lebensvollzug greifbar zu machen – so verstehe ich den Bildungsauftrag des Ludwig-Windthorst-Hauses. Die Digitalisierungsthematik passt sich hier perfekt ein - und wird in Zukunft sicher weiter an Bedeutung gewinnen. Ich freue mich auf viele weitere Begegnungen im LWH.

 

 

 

Über den Autor:

Michael Brendel ist Theologe und Musikwissenschaftler. Im LWH ist er Studienleiter für Theologie und Digitalität. Mehr Informationen zu Herrn Brendel finden Sie hier.