Friedensreiter: Ist Gott noch mit dieser US-Regierung?

In der aktuellen Ausgabe des Podcasts "Friedensreiter" geht es nach dem Eklat zwischen US-Präsident Donald Trump und seinem Vize JD Vance auf der einen und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj auf der anderen Seite um die Frage, welche Werte dieser US-Regierung noch wichtig sind, wie sich ihr Verhalten mit ihrem immer wieder beschworenen christlichen Glauben vereinbaren lässt und ob Gott eigentlich noch mit dieser Regierung ist. Die beiden Podcast-Hosts Dr. Jochen Reidegeld, Research Fellow am Institut für Theologie und Frieden (ithf) in Hamburg und Marcel Speker, Direktor des Ludwig-Windthorst-Haus (LWH) versuchen eine Antwort zu geben, jenseits von schnellen Reflexen, moralischer Überlegenheit und einfachen Wahrheiten.

“Was wir unter dieser US-Regierung erleben, ist eine Instrumentalisierung von Religion für etwas, das zu dem genauen Gegenteil der Kernbotschaft des Christentums führt, nämlich weg von einer Kultur, der Mitmenschlichkeit, des Miteinanders, des in jedem Menschen Gottes Geschöpf sehen hin zu einer fast darwinistischen Weltsicht auf den verschiedenen Ebenen. Das betrifft die internationale Politik, indem man sagt die starken Weltmächte machen untereinander die Weltlage aus und alle anderen müssen sich anschließen. Das betrifft die Migrationspolitik. Das betrifft die Politik in der Ukraine, wenn man jeden sachlichen Widerspruch, und darum ging es ja bei den Sicherheitsgarantien, als Undankbarkeit und als mangelnden Respekt auslegt. Und man erwartet im Grunde genommen, dass Selenskyj das Recht des Stärkeren akzeptiert und nicht mehr das tut, wofür er von seinem Volk gewählt worden ist, wie Trump von seinem Volk, nämlich die Interessen einer Nation wahrzunehmen, die seit drei Jahren Opfer eines völkerrechtswidrigen Angriffskrieges ist", macht Reidegeld deutlich.

Mit Blick auf Äußerungen von US-Vizepräsident Vance, dass es klar sei, dass man sich um seine Kinder und seine Familie mehr kümmern müsse als um Menschen, die eben Zehntausende von Meilen entfernt seien, kommt Reidegeld unter Verweis auf die Feldrede im Lukas-Evangelium zu dem Schluss, Vance habe “zentrale Punkte der Bibel nicht verstanden”. Und angesprochen auf die Sozialisation durch eine derart konservative Bischofskonferenz, wie es bei der US-amerikanischen der Fall sei, sagt Jochen Reidegeld: “Und selbst mit dieser Bischofskonferenz legt er sich jetzt an und kritisiert sie als zu liberal, weil sie das tun, was ihr Auftrag ist, nämlich sich für Menschenrechte einzusetzen.”

Speker verweist auf die Perspektive des gemeinsamen Verhältnisses und stellt eine gewisse Unumkehrbarkeit in der Entwicklung des transatlantischen Verhältnisses fest: “Diese Sicherheit, dass wir uns darauf verlassen können, dass die USA schon wieder zur Vernunft kommen und wir in einigen Jahren zur transatlantischen Normalität der vergangenen Dekaden zurückfinden werden, die gibt es nicht mehr. Mit Vance wird deutlich, dass Leute nachkommen, die noch schärfer und ähnlich unberechenbar wie Trump sind. Das ist die eigentliche Zeitenwende, vor der wir jetzt stehen.” Mit Blick auf die Ausgangsfrage macht er zudem deutlich: “Wir sind ja von der Frage ausgegangen, ob das eine gottlose Regierung ist und wenn wir das etwas abschichten wollen, können wir zumindest mal auf die Frage eingehen, welche Werte diese Regierung leiten. Und wenn ich mir das gerade auch im Zusammenhang mit der Rede von Vance auf der Münchner Sicherheitskonferenz, wo er die gemeinsamen Werte durchaus namentlich noch beschworen hatte, anschaue, muss ich feststellen, dass sie komplett anders inhaltlich gefüllt werden. Beispiel: Die angeblich in Europa fehlende Rede- und Meinungsfreiheit, die er uns in München vorgeworfen hat, spiegelt sich bei ihm darin wider, dass unliebsame Pressevertreter aus dem Pressepool des Weißen Hauses ausgeschlossen werden. Das geht nicht zusammen. Da werden weiterhin die Werte beschworen, auch um die eigene Klientel vielleicht auch weiter ruhig zu stellen und das sind nun mal amerikanische Werte, aber sie werden so ausgehöhlt, dass sie in nur noch eine Hülle sind und allenfalls als bedeutungsloses Schlagwort weiterhin präsent bleiben, aber überhaupt nicht mehr gelebt werden. Insofern wäre die notwendige Erkenntnis, die wir für uns daraus ziehen müssen, dass wir mit dieser US-Regierung tatsächlich keine gemeinsamen Werte mehr haben."

Reidegeld nimmt die Aufgaben für die Zukunft in den Blick: “Wir brauchen einen gesellschaftlichen und ideologischen Gegenentwurf zu dem, was autokratische Systeme wie China wie Russland und und in Teilen jetzt auch die amerikanische Administration uns entgegenhalten, wenn sie erwarten, dass wir uns ihnen unterwerfen. Und wir werden das nur aus einer inneren Kraft heraus abwehren können, indem wir uns da selber auch inhaltlich zurüsten. Dabei geht es um eine inhaltliche Widerstandskraft durch Besinnung auf unsere Werte in Form eines gesellschaftlichen Gesamtentwurfs für Europa, der Dinge auch ethisch in Frage stellt, aber ohne sich moralisch erhöhend zum Hort der Unfehlbarkeit zu machen.”

Den ganzen Podcast gibt es hier: 

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