Das Programm ist vielfältig und ermöglicht uns einen differenzierten Blick auf Athen und Griechenland. Wir haben unterschiedliche Schulen und Kindergärten besucht und dabei sowohl Einblicke in das staatliche als auch in das private Bildungswesen erhalten. Überrascht hat uns dabei, wie viel Geld in die Ausbildung der Kinder investiert wird. Besucht ein Kind eine staatliche Schule am Vormittag, wird nachmittags zusätzlich und kostenpflichtig Unterricht zur Nachhilfe hinzu gebucht. In privaten Schulen ist der Nachmittagsunterricht im Angebot inkludiert. Der Erwerb von Zertifikaten ist so elementar und notwendig, dass oftmals sogar vorbereitende Seminare für die Prüfungsvorbereitung besucht werden. Gute schulische Bildung wird als so wichtig angesehen, dass Eltern für die privaten Schulen zwischen €3.500,00 und €8.000,00 Euro pro Jahr und Kind bezahlen. Laut OECD liegt das Durchschnittseinkommen in Griechenland bei €2.073,00 brutto pro Monat. Die Lebenshaltungskosten in Griechenland sind vergleichbar mit jenen in Deutschland. Dieser Umstand führt dazu, dass sogar die Großeltern ihre Rente in die Bildung der Enkelkinder investieren. Schulische Bildung ist in Griechenland wichtiger als das Verreisen der Familien. Überrascht hat uns auch die Tatsache, dass die Entscheidung für eine staatliche Schule nur bedingt zu Kostenersparnissen führt. Durch den Besuch der Lernangebote am Nachmittag entstehen ebenfalls hohe Kosten, die sich teilweise in ihrer Gesamtheit nur unwesentlich vom Schulgeld an privaten Schulen unterscheiden.
Gleichzeitig hat Griechenland das Problem des „Brain Drain“: Das Wissen im Land wandert ab. Täglich wandern 100 Griechen allein nach Deutschland aus. Eine beachtliche Anzahl. Deutschland ist weiterhin das beliebteste Auswanderungsland für die griechische Bevölkerung. Dabei ist eine zirkuläre Migration nicht unüblich: Man wandert aus, kommt wieder zurück und migriert zu einem späteren Zeitpunkt wieder und so weiter. Für die Wirtschaft hat diese Abwanderungsbewegung erhebliche Folgen: Facharbeiter und Akademiker sind Mangelware, denn besonders die gut ausgebildeten Griechen wandern ab. Bei dieser Abwanderungsbewegung, die in nicht unerheblicher Anzahl stattfindet, spricht man von „Brain drain“.
Interessant war für uns, dass insbesondere der Erwerb von Fremdsprachen einen hohen Stellenwert hat. Daher werden bereits im vorschulischen Bereich Angebote zum Erlernen von Fremdsprachen gemacht. Bildung hat insgesamt einen hohen Stellenwert in Griechenland. Im besuchten Goethe-Institut wurde diese große Bedeutung von Sprachbildung ebenfalls bestätigt, als uns das umfangreiche Programm zum Erlernen und Festigen der deutschen Sprache vorgestellt wurde. Die Aufgabe des Goethe-Instituts ist die Kenntnis der deutschen Sprache im Ausland zu fördern, die internationale kulturelle Zusammenarbeit zu pflegen und ein umfassendes aktuelles Deutschlandbild zu vermitteln. Daher werden in Athen unter anderem Deutschkurse für Kinder, Jugendliche und Erwachsene für alle Sprachniveaus angeboten. Für uns war es eine tiefgreifende Erfahrung, in einer völlig fremden Sprachumgebung zu sein. Selbst das Lesen der Namen der Haltestationen erwies sich ohne „Übersetzung“ mit lateinischen Buchstaben als unmöglich. Das Hospitieren in einer griechischen Unterrichtsstunde ließ uns erahnen, wie es sich anfühlt, völlig fremd zu sein.
Durch die vielfältigen Einblicke konnte diese Erasmus+ Reise das Thema Sprachsensibilität mit Aspekten des interkulturellen Lernens verknüpfen. Neben dem umfassenden Bild vom Leben und Lernen in Griechenland waren es verschiedene Ideen, die in den Koffer für die Heimreise gepackt wurden.